20.10. Generalprobe
Nachdem ich fast trocken bei 10°C in die Arbeit gekommen war, wertete ich die Fragmentanalyse der PCR der Vorwoche aus. Da morgen wegen der Installation des neuen Geschirrspülers in der Kaffeeküche der Strom im Hauptlabor für einige Stunden abgedreht werden würde, wollte ich heute möglichst viele Proben analysieren. Zwischendurch verschaffte ich mir etwas Abstand vom Bildschirm, indem ich die DNA-Konzentration jener Probe erneut bestimmte, die bei der ersten Messung in der 1:2-Verdünnung mehr DNA als im unverdünnten Zustand aufgewiesen hatte. Entweder gelang mir heute die glorreiche Reproduktion des Fehlers oder der Labor-Troll hatte die Etiketten vertauscht. Denn das Spektralphotometer detektierte einen noch höheren DNA-Gehalt in der verdünnten Probe als vorige Woche. Da die PCR ohnehin funktioniert hatte, wollte ich mir über dieses Mysterium nicht länger den Kopf zerbrechen. Jon hatte inzwischen im Zuge seiner Denksportaufgabe erfolgreich das Excel-Datenblatt für seine Polypen gedreht und damit den Fehler durch die von Lisa und mir verkehrt eingesetzte Platte ausgemerzt (Eintrag vom 16.10.). Per Arne zeigte sich peinlich berührt bis verärgert darüber, dass die Bürokratie hinter meinem Gehalt solche Ausmaße angenommen hatte. Erst heute konnte er etwas vage ankündigen, dass in den nächsten Tagen alles Nötige in die Wege geleitet würde.

Der Regen der letzten Tage hatte die Akerselva in einen reißenden Strom mit Strudeln und ohrenbetäubend tosenden Wasserfällen verwandelt. Besonders gigantisch stürzten sich die Fluten beim Månefisken, wo unser Konzert stattfinden würde, herab. Dort diente das Spritzwasser nicht nur als kühle Erfrischung bei 15°C Lufttemperatur, sondern auch als Reflexionsbasis für einen kitschigen Regenbogen. Ob ich heute wohl das letzte Mal im kurzen Gewand laufen war?

Zur abendlichen Generalprobe schaffte ich es wegen des im wahrsten Sinn des Wortes reibungslos parierenden Schlosses pünktlich. Ganze fünf Tage vor dem Konzert erfuhr ich, dass weit mehr als 4 Kompositionen auf dem Programm standen. Neben „Super Mario”, „World of Warcraft”, „Video Games Live” und den je zwei kammermusikalischen Stücken der Holz- und Blechbläser würden wir am Samstag auch die erst kürzlich ausgeteilten, noch reifungsbedürftigen Arrangements von „Street Fighter” und „Tetris” zur Aufführung bringen. Nachdem ich in der Pause ein schwarzes Poloshirt mit dem Aufdruck des Sofienberg Musikkorps in Empfang genommen hatte, lauschte ich vor der zweiten Halbzeit aufmerksam Eriks Ankündigungen für das Konzert. Da ich den Inhalt erahnen konnte und hauptsächlich Zahlen genannt wurden, verstand ich nahezu jedes Detail. Wir würden uns um 14 Uhr, also 2 Stunden vor Beginn, treffen, ganz in schwarz auftreten und 100 NOK Eintritt verlangen. Danach stünde es jedem frei, in ein nahe gelegenes Pub mitzugehen. Nicht ganz den Temperaturen entsprechend probten wir als Auflockerung ein paar Stücke für das julekonsert (= Weihnachstkonzert) am 15.12., bei dem ich leider nicht mehr mitspielen kann. Dabei hätten mir die „Norwegian Evergreens” mit Tango und Walzer außerordentlich gut gefallen.