10.10. Kakelunsj
Indem ich die Reine vollständig mit Frischhaltefolie umwickelte, in einen Plastiksack steckte und waagrecht in meinem Fahrradkorb einkeilte, schaffte ich es, die drei Apfelstrudel abgesehen von den bereits bestehenden Löchern unversehrt und trocken ins SINTEF zu kutschieren. Für mich leisteten dagegen Poncho, Warnweste und Laufhose erneut ihre nützlichen, wenn auch Aufsehen erregenden Dienste.

Nach der mit Lisa und Stine am „Raumschiff” gestarteten Elution von DNA aus den über Nacht lysierten Polypen-Biopsien begab ich mich zu einer Besprechung ins Rikshospitalet. Auf dem Rückweg begegneten mir meine Molpat-Kollegen, die gerade zum Mittagessen in die Kantine aufbrachen, sodass ich mich ihnen kurzerhand anschloss. Dag begründete das im Vergleich zu den anderen kakelunsj-Teilnehmern vorgezogene matpakke mit der begrenzten Verfügbarkeit von Kuchen, die wir durch Zeitverschwendung mit dem Mittagessen vor Ort nicht zu unserem Nachteil werden lassen wollten. Beim für 12 Uhr angesetzten kakelunsj im Rikshospitalet füllte sich der møterom rasch mit Ärzten, Technikern, Sekretärinnen, BMAs und Pathologie-Assistenten, die Per Arne halb Englisch stichelnd „pat-ass” nannte. Neben den selbst gebackenen Kuchen und einer optisch bestechenden, gekauften Beerenbiskuittorte mit Marzipanglasur wurde auch eine Schatztruhe mit den Losen für die Weinlotterie herumgereicht. Mit vier Stück kaufte ich mich für 20 NOK ein. Obwohl ich als Glücksengerl die von Dag moderierte Ziehung eröffnen durfte, gewann leider niemand von der Molpat eine der drei Flaschen Rotwein. Stattdessen freuten sich eine Sekretärin der Makropathologie, ein Kollege der Immunhistochemie und eine mir unbekannte Mitarbeiterin über ihr Losglück.

Weinlotterie

Weingewinner

Aus dem kakelunsj zog ich die Lehren, dass die meisten Norweger Apfelstrudel mit Rosinen bevorzugen, dass Milka-Schokolade nicht nur für die Halbtirolerin Ingun Wiedererkennungswert hat, dass ich den kvæfjordkake alias verdens beste (= der Weltbeste), einen Mandelkuchen mit Vanillecreme, definitiv nachbacken werde und dass jeder dritte Freitag eher zu selten als zu oft für so eine außergewöhnliche, in jeder Hinsicht bereichernde Mittagspause ist. Nach einer Stunde Großzügigkeit landeten die Reste vom kakelunsj in unserer Kaffeeküche in der Molpat, wo sie nicht recht alt werden würden.

Lisa und Stine beim kakelunsj

Molpat-Gruppe beim kakelunsj

Lars Erik, Frazier, Lena, Kari, Ingun, Ranjan, Iselin, Alma

Nachmittags bestimmte ich in Kooperation mit Lisa die DNA-Konzentrationen von „Jon's polyps”. Da nach getaner Arbeit meine beiden Büros, also Per Arnes zweiter Sessel an seinem Schreibtisch und der møterom, besetzt waren, benutzte ich auf Jons Geheiß den Computer des organisatorischen Abteilungsleiters, um meine fertig aufbereiteten Ergebnisse auszudrucken. Per Arne zeigte sich damit sehr zufrieden und optimistisch für den künftigen Verlauf des Forschungsprojekts, wobei er mich indirekt sogar zu einem weiterführenden Master- oder PhD-Studium ans Rikshospitalet einlud. Am 21.11. soll ich gemeinsam mit Jon in einer Besprechung mit den Leitern aller Forschungsgruppen meine Ergebnisse präsentieren.

Mit einem der vermutlich letzten Läufe in kurzem Gewand startete ich in das Wochenende. Ein Blick auf die Sonnenauf- und -untergangszeiten offenbart, dass es nun in Oslo sehr bald auch am Abend früher finster sein wird als in Wien:

Oslo: 7:42 und 18:24
Wien: 7:05 und 18:17