4.10. Der Berg kreißte und gebar eine Maus
Nachdem ich einer vermeintlichen Geschirrspülmittel-Aktion eines mäßig teuren Supermarkts doch nicht auf den Leim gegangen war, versuchte ich erneut, die Teller von Troels abzuholen. Inzwischen hatte er mir neben seiner Handynummer auch verraten, dass der Eingang die Nummer 38 hat, sodass ich zuversichtlich war, mein Ziel zu erreichen.

Auf dem Weg dorthin saugte ich jedoch noch die herrliche Farbenpracht der Laubbäume im Tøyenpark auf, bevor uns die niederschlagsreiche Kaltfront zu Wochenbeginn erreichen würde.

Tøyenparken

Herbst in Sofienberg

Zweifarbiger Laubbaum

Troels beschrieb mir über die Gegensprechanlage den Weg durch den Hof zum Eingang 3C, den ich auf eigene Faust niemals gefunden hätte. Während er seiner schwangeren Frau beim Kochen half, ließ er mich aus einer Lade mit ausrangiertem, inzwischen von Hochzeitsgeschenken abgelöstem Geschirr meine Auswahl treffen. Er hatte sogar Kartons und Säcke vorbereitet, damit ich meinen steuerfreien Einkauf unbeschadet nach Hause transportieren konnte. Seitdem finden sich in Andis Küche Suppen- und Dessertteller sowie etliche Schüsseln, womit ich die Aufrüstung für abgeschlossen erkläre. Obwohl – ein Kochlöffel wäre schon noch praktisch. ;)

Geschirrkauf via FINN

An diesem Abend wagte ich mich erstmals an das von meiner Mama für schwierig befundene Rezept des ausgezogenen Apfelstrudels. Mengenangaben wie „eine Schüssel Mehl” und „etwas Öl” zeugten von ihrer langjährigen Erfahrung und dem dabei erlangten Gespür, das Küchenwaage und Messbecher zu ersetzen vermochte. Das Zitat „den Teig rasten lassen, während die Äpfel geschält und gehachelt werden” lässt nur die Interpretation zu, dass für das Gelingen der Einsatz von Küchengehilfen unbedingt erforderlich ist. Da Andi dieser Betätigung leidenschaftlich frönt, hatte ich dabei nicht einmal ein schlechtes Gewissen. Die erste Teigportion glitt mehr recht als schlecht über mein Handgelenk und riss dabei einige Löcher auf, die ich nach nicht enden wollenden Versuchen müde wurde zu stopfen. In abgestimmter Kooperation verfrachteten wir den fertigen Strudel in die Reine aus Røa (Eintrag vom 28.9.) und ich nahm den zweiten Teigling in Angriff. Dieser zog sich rasend schnell in die Länge, sodass die Breite nicht annähernd die Dimension des bemehlten Geschirrtuches erreichte. Andis Vorschlag eines Neustarts durch die Rücktransformation des ausgezogenen Teigs in eine Kugel klang in meinen Ohren sehr vernünftig, weshalb ich ihn umsetzte. Doch es stellte sich heraus, dass dieser Strudelteig eine Einbahnstraße darstellt. Einmal ausgezogen und wieder zusammengeballt verliert er erbarmungslos all seine Elastizität. Gemäß dem in Andis Küche seit meiner Anwesenheit oft zitierten Ausspruch, dass gegessen wird, was auf den Tisch kommt, füllten wir diesen bockigen Teig zu einem wulstigen Strudel und lehrten ihn bei 180°C im Rohr das Fürchten. Das Ergebnis erinnerte mich an den Lateinunterricht im Gymnasium – „Der Berg kreißte und gebar eine Maus.”

Gezogener Apfelstrudel