2.10. Geplatzter Deal
Tatsächlich funktionierte die LOH-Analyse auch für die niedrig konzentrierten Verdünnungsstufen, was Per Arne natürlich nicht verwunderte, für mich aber mit dem Erreichen eines weiteren Lernzieles gleichzusetzen war. Nun sollte ich dieselbe Prozedur mit neuen, qualitativ weniger hochwertigen Proben durchführen. Dabei handelte es sich um je zwei DNA-Eluate aus normalem bzw. von Tumorzellen befallenem Gewebe (N und T) von 10 Patienten mit colorectalen Carcinomen. Dieses war aus Paraffinblöcken gewonnen worden und hatte durch die vorangegangene Formalineinbettung mehr oder weniger stark an Qualität eingebüßt.
Da ich im Eifer des Gefechts beim Ansetzen der genomischen PCR auf die Zeit vergaß und das Antreten zur gemeinschaftlichen Mittagspause verpasste, war ich mit einem Schlag völlig auf mich allein gestellt. Ohnehin schon ein wenig vom Pech verfolgt, konnte ich mich nicht mehr an das korrekte Programm erinnern und verbrachte einige verzweifelte Minuten mit der Suche nach norwegischen Arbeitsanleitungen und anderen minder aussagekräftigen Anhaltspunkten. Schließlich konnte ich eine in ihrem Büro gebliebene, mit einem Projekt überlastete Kollegin kurz unterbrechen und dank ihrer aufopfernden Hilfe doch noch die richtige Analyse starten.
Als ich Taekwondo-Meister Dag später um Unterstützung beim Auswerten der genomischen PCR bat, war seine erste entlarvende Frage, ob ich die Platte etwa mit Folie zentrifugiert hätte, weil das Amplifikationssignal so „wackelig” war. Tatsächlich war mir dieser Fehler unterlaufen, sodass ich beschloss, dieses an mehreren Stellen missglückte Experiment abzuhaken und morgen eine Wiederholung zu starten.
Nachmittags fand ich eine willkommene Zerstreuung, indem Jon und ich Besuch von der Pathologie-Assistentin Lisa erhielten, die uns in die elitäre Kunst des Zerhackens von frischen Darmpolypen-Biopsien („chopping polyps”) einweihte. Mit gewohnt schwarzem Humor und bewaffnet mit scharfen Skalpellen homogenisierten wir die Proben und setzten ihnen Puffer und Proteinase zu, damit sie über Nacht verdaut würden und wir ihre DNA eluieren könnten.
Abends nahm ich als vorläufig letzten Gebrauchtwarenkauf eine Tellerabholung in der Nachbarschaft in Angriff. Als Tourist getarnt hielt ich die täglich im Sofienbergpark grillenden Familien fest, was dem Lenker eines weißen Kleinbusses nicht behagte, woraufhin ich mit einem Unschuldsblick von dannen rollte. Mir waren beim Vorbeilaufen bereits einige Male geschäftstüchtige Gestalten aufgefallen, die am helllichten Tag Scheine gegen in der Faust verborgene, kostbare Ware tauschten.
Troels Teller waren an einer Adresse mit der Nummer 3C abholbereit. Als ich eben diesen Platz absuchte und neben der Nummer 2 anläutete, erhielt ich die Auskunft, dass sich der Eingang zur Nummer 3C in der Straße um die Ecke befände. Dort konnte ich jedoch weder ein Türschild mit Troels Namen noch eine Hausnummer 3C finden. Obwohl die beiden Verkäuferinnen des Olivengeschäfts an der Ecke mit Hausnummer 3 äußerst hilfsbereit und bemüht waren, mit mir gemeinsam dem Rätsel auf die Spur zu kommen, trat ich nach einer Runde um den ganzen Häuserblock ohne Teller die Heimfahrt an. Recht spät wollte ich es nicht werden lassen, da ich noch keine Zeit gehabt hatte, mir ein neues Rücklicht für mein Fahrrad zu besorgen.
woodmenka am 09. Oktober 14
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